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Rettung in letzter Minute (2)

Rettung in letzter Minute



Mit dem Aufruf, »Helfen Sie uns, … dieses einzigartige Gemälde vor dem Untergang zu retten!», traten wir, die »Freunde des Schlossmuseum Darmstadt e. V.», im Mai 2015 an die Öffentlichkeit heran. Denn das Gemälde von Johann Tobias Sonntag „Prospect von dem Meliboco und dessen Gegend“ schien unrettbar zerstört zu sein. Während des Zweiten Weltkrieges wurde es zum Schutz aus Darmstadt weggebracht und lag lange Zeit zusammengefaltet und ungeschützt auf dem Dachboden von Schloss Burgk in Thüringen.

Es war unser Anliegen, dass dieses für die Region Darmstadt so wertvolle Gemälde für die Nachwelt erhalten bleibt, bis dahin war es aber nur einem kleinen Kreis von Fachleuten bekannt. Erste öffentliche Würdigung erlangte es 2007 durch Rouven Pons und Rainer Maaß, die eine Publikation über das Gesamtwerk des Malers Johann Tobias Sonntag herausbrachten. Heute, im Mai 2019, ist es Dank einer in diesem Ausmaß kaum vorhersehbaren Unterstützung durch viele Spender und Sponsoren, sowie dem herausragenden, auch finanziellen Engagement unserer Mitglieder gelungen, dieses Gemälde für kommende Generationen zu retten.

Zustand des Gemäldes vor der Restaurierung
Bild: © Hessische Hausstiftung Kronberg i.T. / Schlossmuseum Darmstadt

1997 kehrte das stark beschädigte „Meliboco“-Gemälde aus Thüringen nach Hessen in die Stadt Darmstadt zurück, zusammen mit weiteren Gemälden, und verschwand erstmal im Depot des Schlossmuseums. Da ein so umfangreiches Restaurierungsprojekt – die Maße sind 2,25 m x 3,75 m und die Beschädigungen waren eklatant – die Möglichkeiten des Schlossmuseums Darmstadt überstieg, entschieden wir als Verein hier aktiv zu werden. Einzelnen Vorstandsmitgliedern des Vereins war aus eigener Anschauung  der beklagenswerte Zustand des Gemäldes bekannt.

Bei ersten Vorgesprächen mit Markus Miller von der Hessischen Hausstiftung, die die Eigentümerin des Gemäldes ist, hob dieser insbesondere das Potential des Bildes als verbindendes Element zwischen den Gemeinden der Bergstraße und der Stadt Darmstadt hervor, sowie die daraus resultierenden, vielfältigen Möglichkeiten der Spendeneinwerbung. Dies war ein erstes positives Signal, dass die aufgrund des erheblichen finanziellen Aufwands durchaus vorhandenen Risiken für den Verein gemeistert werden könnten. Denn erst 2011 gegründet, war ein Restaurierungsprojekt in dieser Größenordnung  auch für uns als Verein eine erstmalige Herausforderung, hatten wir doch zuvor nur weniger umfangreiche Projekte umgesetzt.

Aufgrund der noch fehlenden Erfahrung der »Freunde des Schlossmuseum Darmstadt e. V.« im Umgang mit solch großen Projekten und der durchaus vorhandenen Bedenken – »damit übernehmen Sie sich«, »was ist, wenn die Restaurierung scheitert« (begründet im desolaten Zustand des Gemäldes), »… lohnt sich das überhaupt, das Gemälde hat doch ein Riesenloch« (gemeint war eine Fehlstelle im mittleren, unteren Bildbereich) – hat sich der Verein intensiv mit den Risiken und eventuell vorhandenen Alternativvorschlägen auseinandergesetzt.

Ausschlaggebend für die positive Entscheidung dieses Projekt anzugehen war zum einen auch, dass dieselbe Restauratorin, Christiane Ehrenforth, die ein paar Jahre zuvor ein anderes Gemälde von Johann Tobias Sonntag in dieser Größenordnung für das Schlossmuseum restauriert hatte, uns auch hier zur Verfügung stand. Und zum anderen die Zusage S.K.H. Donatus Landgraf von Hessen, Vorsitzender des Vorstands der Hessischen Hausstiftung, dass das Gemälde nach der Restaurierung dauerhaft dem Schlossmuseum Darmstadt als Ausstellungsexponat zur Verfügung gestellt wird.

Restauratorin Christiane Ehrenforth gibt Anweisung zur Aufhängung des Gemäldes im Schlossmuseum.
Bild: © Daniele Ludewig / Freunde des Schlossmuseum Darmstadt e.V.

Neben der Akquise von Spenden und Sponsorenmitteln mittels einer eigens dafür entworfenen Präsentationsmappe, war es unser Ziel, durch eine Pressekampagne eine breite Öffentlichkeit auf das Gemälde aufmerksam zu machen. Im Mai 2015 traten wir mit unserem „Hilfeaufruf“ an die Öffentlichkeit heran und präsentierten das Projekt bei einem Pressetermin im Schlossmuseum Darmstadt gemeinsam mit der Leiterin des Schlossmuseums Alexa-Beatrice Christ und Markus Miller von der Hessischen Hausstiftung. Daraus folgte ein Fernsehbeitrag in der Hessenschau und eine Berichterstattung im Feuilleton des Darmstädter Echo und im Lokalteil der FAZ. Eine erste größere Spendenzusage vom Rotary-Club Darmstadt-Bergstraße konnte unmittelbar nach Bekanntgabe unseres Spendenprojekts auf unserem Konto verbucht werden. Weitere Spenden gingen daraufhin innerhalb eines kurzen Zeitraums ein.

Da uns von Anfang an bewusst war, dass der Erfolg des Projekts eines langen Atems bedarf, und wir nicht wissen konnten, ob ein Gemälde eines allenfalls lokal bekannten Malers entsprechende Resonanz erfahren würde, waren thematisch passende Veranstaltungen und Vorträge wichtige Gelegenheiten, auf unser Anliegen aufmerksam zu machen. Dementsprechend gab es einen Vortrag von Restauratorin Christiane Ehrenforth im Staatsarchiv in Darmstadt, so wie auch andere zahlreiche Vorträge in den Gemeinden der auf dem Gemälde abgebildeten Ortschaften an der Bergstraße. Zudem hatten wir mehrere Jahre in Folge einen Stand beim alljährlichen Fürstlichen Gartenfest auf Schloss Wolfsgarten, wo wir ebenfalls für unser Projekt werben konnten und zugleich das Interesse für einen Besuch im Schlossmuseum Darmstadt wecken wollten. Dass es am Ende gelingen konnte, das Gemälde nach 75 Jahren wieder an seinem angestammten Platz im Schlossmuseum in Darmstadt, unweit seines ursprünglichen Bestimmungsorts im Marktpalais, dauerhaft zu präsentieren, war und ist für uns als Verein Bestätigung und Ansporn auch für zukünftige Projekte. Wer sich beim Betrachten des Gemäldes mit seiner wechselvollen, bald dreihundertjährigen Geschichte auseinandersetzt, wird eingeladen sein, über Veränderungen seiner näheren Heimat und die Fragilität unseres sicher geglaubten kulturellen Erbes nachzudenken.

Seit dem 10. Mai 2019 ist das Gemälde „Prospect von dem Meliboco und dessen Gegend“ in einem eigenen Raum im Foyer des Schlossmuseums Darmstadt kostenlos zu begutachten.